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Brief von Frau Petra Pau
(Stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion DIE LINKE)

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Berlin, den 31. Januar 2008

Betrifft: Ihr Schreiben vom 18.01.2008 an die Vorsitzenden der Bundestagsfraktion DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Heistver,

Ihr Brief vom 18. Januar 2008 ist an mich gelangt, da ich mich in der Fraktion DIE LINKE intensiv mit den Themen der NS-Erinnerung befasse. Ich danke Ihnen für Ihre ausführlichen Informationen zur besonderen Lage der von Ihnen vertretenen Gruppe der Holocaustopfer. Die von Ihnen geleistete Erinnerungsarbeit ist ein wichtiger Beitrag, das Wissen um die Geschichte und die Verbrechen während der NS-Zeit auch an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Umso bedauerlicher finde ich es, wenn Ihre Arbeit in diesem Bereich keinerlei Unterstützung erfährt. Sicherlich kennen Sie entsprechende Institutionen wie z.B. die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft" oder andere Einrichtungen, bei denen Sie um finanzielle Unterstützung ihrer Arbeit nachsuchen können?

Zu Ihrem konkreten Anliegen, den so genannten Ghettorenten: Meine Fraktion ist mehrfach zu diesem Thema aktiv geworden, hat Gespräche mit Vertretern der Claims Conference geführt, sich im Rahmen des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags und mittels Anfrage an die Bundesregierung für die Interessen der Betroffenen eingesetzt. Offensichtlich war das ursprüngliche Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung in einem Ghetto (ZRBG) äuβerst problematisch formuliert, so dass die Anträge des überwiegenden Teils der Antragsteller abgelehnt wurden. Völlig richtig ist dabei, dass die ursprüngliche Formulierung, es müsse sich um "freiwillige Arbeit" in einem Ghetto gehandelt haben (jetzt: "ohne Zwang"), an den mörderischen Realitäten der Ghettos vorbeigeht und den Opfern wie Hohn erscheinen muss. Auch von unserer Seite wurde das kritisiert.

Der Grund für diese Formulierung scheint mir in der komplizierten Lage der deutschen Gesetzgebung zur Entschädigung von NS-Unrecht zu liegen. Wenn die Arbeit ihrem wirklichen Charakter nach als "Zwangsarbeit" bezeichnet wird, dann wären die Berechtigten auf die Entschädigungen aus der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft", die so genannte Zwangsarbeiterstiftung verwiesen. Ziel des Gesetzgebers war es jedoch, die Anrechnung von Arbeit im Ghetto für Rentenansprüche zu ermöglichen, was jedoch im Falle von Zwangsarbeit nicht möglich ist, da die Sozialversicherungsträger nicht für die Entschädigung von Zwangsarbeit zuständig sind. Dies scheint mir der Grund für die historisch fatale Konstruktion der "freiwilligen Arbeit" zu sein.

Glücklicherweise hat die Bundesregierung auf die zahlreichen Proteste zum falsch konstruierten Gesetz reagiert, so dass eine sehr viel gröβere Zahl von Menschen wenigsten die Einmalzahlung von 2.000 Euro erhalten kann. Dennoch bleibt der von Ihnen beklagte falsche Eindruck über den Charakter der damaligen Arbeit bestehen. Ich kann Ihnen versichern, dass die Fraktion DIE LINKE und ich persönlich mich allen Versuchen entgegenstellen werde, über eine solche Konstruktion (im Sinne der zügigen Entschädigung) ein verfälschtes Bild der Geschichte zu tradieren.

Ich danke Ihnen noch einmal für Ihre Mahnung in diesem Sinne und verbleibe mit freundlichen Grüβen

Petra Pau